Gülich Gruppe: Wer krank ist, bekommt kein Geld
21. Mai 2021
Andreas Rech (276 articles)
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Gülich Gruppe: Wer krank ist, bekommt kein Geld

Beim BDSW-Mitgliedsunternehmen GÜLICH GRUPPE Sicherheitsdienste GmbH, welches unter anderem auch für die Rheinbahn in Düsseldorf tätig ist, gibt es neuen Ärger.

Über die merkwürdigen Vorgänge rund um Kurzarbeit hatten wir —>hier<— auf wasi-nrw schon berichtet. Reihenweise Beschäftigte klagen nun vor dem Arbeitsgericht.

Schon im April 2020 erste Ungereimtheiten

Bereits im April 2020 legt der Arbeitgeber bei der Bundesagentur für Arbeit eine Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit für die Sicherheitsbeschäftigten, die bei der Rheinbahn im Einsatz sind, vor. Schon kurz darauf stellt sich heraus, dass der Betriebsrat als Gremium gar nichts davon wusste. Inzwischen liegt uns dieses Papier auch vor. Datiert ist diese BV auf den 14. April 2020. Diese Betriebsvereinbarung ist, so meinen wir heute, unwirksam, weil sie nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Uns liegen Aussagen mehrerer Betriebsratsmitglieder vor, die beteuern, zu diesem Zeitpunkt nichts von einer Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit bei der Rheinbahn zu wissen.

Und weiter geht‘s…

Als im September 2020 ein großer Auftrag bei DSW 21 durch Neuausschreibung verloren geht, werden die Beschäftigten dort ebenfalls auf Kurzarbeit gesetzt. Doch auch hier wurde im Vorfeld keine wirksame Betriebsvereinbarung mit dem BR-Gremium verhandelt. In einer Betriebsratssitzung am 24.7.2020 stimmte der Betriebsrat lediglich einer Rahmenvereinbarung zur Kurzarbeit bei der Düsseldorfer Rheinbahn zu. Es handelte sich hier lediglich um eine Rahmenvereinbarung, weil dem Betriebsrat zu diesem Zeitpunkt keinerlei Daten zu beschäftigten Mitarbeitern und Objekten vorlagen. Es wurde also nicht einmal festgelegt, welche Beschäftigten zu wie viel Prozent ihrer Einsatzzeit zukünftig beschäftigt werden.

Zu einer Betriebsvereinbarung Kurzarbeit bei DSW 21 findet sich weder auf der Einladung, bzw. Tagesordnung zu dieser Sitzung, noch auf dem anschließend vom Betriebsrat erstellten Sitzungsprotokoll ein Hinweis.

Trotzdem müssen die ca. 100 Beschäftigten dort ab September 2020 deutliche Einkommensverluste hinnehmen, denn der Arbeitgeber stört sich nicht an den Einwänden des Betriebsrates und setzt die Beschäftigten ohne wirksame Betriebsvereinbarung auf Kurzarbeit. Dabei rechnet er offensichtlich auch die Leistungen bei der Bundesagentur für Arbeit ab.

Der Arbeitgeber behauptet einfach, dass der Betriebsrat in seiner Sitzung am 24. Juli 2020 eine Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit bei DSW 21 unterzeichnet hätte.

Dann soll er diese Betriebsvereinbarung doch mal vorzeigen. Tut er aber zunächst nicht.

Betriebsrat beauftragt Rechtsanwalt

Der Betriebsrat fordert die Beschäftigten nun mehrfach auf, ihre Ansprüche arbeitsgerichtlich geltend zu machen. Es kommt in den nächsten Wochen, coronabedingt leider sehr schleppend, zu den ersten Güteverhandlungen vor dem Arbeitsgericht. Wie erwartet, beharrt das Unternehmen auf dem Standpunkt, es existiere eine Betriebsvereinbarung.

Der vom Betriebsrat inzwischen beauftragte Rechtsanwalt fordert die Geschäftsführung mehrfach auf, unterschriebene Betriebsvereinbarungen zu Kurzarbeit vorzulegen, selbst noch im Oktober 2020. Bis dahin hatte der Betriebsrat noch immer keine Personal-, bzw. Objektliste vorliegen. Ohne diese Unterlagen wäre der Betriebsrat eh kaum in der Lage, eine gescheite Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit, weder bei der Rheinbahn, noch bei DSW 21, abzuschließen.

Erst am 4. November 2020 reagiert die Geschäftsführung und übersendet dem Betriebsrat eine Liste der Beschäftigten, sowie eine Objektliste. Statt der angeforderten Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit bei DSW 21 vom 24. Juli 2020 kommt aber wieder nur die Rahmenvereinbarung zur Rheinbahn und nichts zur Kurzarbeit bei DSW 21. Die E-Mail, abgesendet von einem der Geschäftsführer persönlich, liegt uns inklusive der Anhänge und mitübersandten Dokumente natürlich vor.

Wird es jetzt eng für die Geschäftsführung?

Kurz darauf, noch im November 2020, fordert einer der Geschäftsführer den Betriebsrat auf, eine Vereinbarung zur Kurzarbeit bei DSW 21 zu unterzeichnen. Der Betriebsrat hatte aber schon vorher mit dem von ihm beauftragten Anwalt einen Entwurf für eine Vereinbarung vorbereitet und den Arbeitgeber zu Verhandlungen aufgefordert. Was der Geschäftsführer hier nun dem Betriebsrat vorlegte, entsprach nicht im Geringsten der Erwartung der Betriebsratsmitglieder. Mehrheitlich entschied sich das Gremium dafür, den Entwurf des Arbeitgebers abzulehnen und nicht zu unterzeichnen.

Wenige Tage später werden Betriebsratsvorsitzender und Stellvertreter plötzlich befördert und bekleiden nun neue Jobs im Unternehmen als Objektleiter und stellvertretendem Objektleiter. Über diesen plötzlichen Seitenwechsel der Betriebsratsspitze hatten wir —>hier<— ebenfalls schon berichtet.

Am 23. November 2020 dann treffen sich die Betriebsratsspitze mit dem Geschäftsführer. Uns liegt die Tagesordnung dieses Treffens vor. Auffällig ist der Punkt 4 dieser Tagesordnung: „Betriebsvereinbarung Kurzarbeit (April, August, November)“

Und tatsächlich zieht der Arbeitgeber wenige Tage später vor Gericht ein mehrseitiges Papier aus der Tasche. In diesem ist tatsächlich von der Einführung von Kurzarbeit bei DSW 21 die Rede.

Und jetzt das Spannende: Dieses Schreiben trägt das Datum vom 24. Juli 2020. Und unterschrieben ist es vom Betriebsratsvorsitzenden Murat D. Also dem gleichen Betriebsratsvorsitzenden, der noch wenige Tage vor seiner plötzlichen Beförderung selbst seine Kolleginnen und Kollegen aufgefordert hatte, gegen den Arbeitgeber zu klagen, weil es sich bei der Vereinbarung vom 24. Juli 2020 um eine Rahmenvereinbarung gehandelt habe und aus der Sicht des Betriebsrats die Durchführung der Kurzarbeit nicht rechtmäßig sei.

Das beim Arbeitsgericht vorgelegte Papier soll also am 24. Juli 2020 entstanden sein? Wo doch der Betriebsrat nachweislich erst Anfang November überhaupt wichtige Unterlagen wie Personal- und Objektliste übermittelt bekommen hat? Wo doch noch Anfang November der Betriebsrat dem Arbeitgeber über einen Anwalt einen Gegenvorschlag zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit bei DSW 21 unterbreitete? Noch am 1. Oktober brachte die Betriebsratsspitze ein Schreiben an die Beschäftigten in Umlauf, in welchem sie klar beteuern, dass die Durchführung von Kurzarbeit aus Sicht des Betriebsrates nicht rechtmäßig sei.

Am 23.November 2020 trifft sich also die Betriebsratsspitze mit der Geschäftsführung. Merkwürdig ist schon, dass der Betriebsratsvorsitzende am 24. November 2020, also einen Tag später, Beschäftigte per WhatsApp darüber informiert, dass eine neue bzw. zusätzliche Betriebsvereinbarung abgeschlossen wurde. Diese läge in Witten zur Einsicht aus. Sofort machten sich Beschäftigte auf den Weg und forderten Einsicht in diese neue Vereinbarung. Allerdings bekamen sie diese Vereinbarung nicht zu sehen.

Immer mehr Kolleginnen und Kollegen ziehen vor Gericht. Wegen Corona werden allerdings Termine verschoben oder der Anwalt des Arbeitgebers bittet um Verlegung der Termine. Trotzdem wird es scheinbar immer enger für die Geschäftsführung.

Im April diesen Jahres platzt dann die Bombe

Uns erreicht die Nachricht, dass Geschäftsführer Domenico C. mit sofortiger Wirkung freigestellt ist und das Unternehmen verlässt. Welche Gründe für diesen Schritt maßgeblich waren, ist uns nicht bekannt. Aber da gleich mehrere Personen aus seinem Umfeld ebenfalls das Unternehmen verlassen, vermuten wir natürlich einen Zusammenhang.

Doch wer glaubt, mit der Trennung wird jetzt alles gut, hat sich drastisch getäuscht

Es werden reihenweise Änderungskündigungen ausgesprochen. Beschäftigte, die vorher bei DSW 21 eingesetzt waren, sollen nun zu einem niedrigeren Stundenlohn bei der Rheinbahn in Düsseldorf eingesetzt werden. Andere werden zu anderen Objekten versetzt. Wie ausgewählt wurde, wer wohin versetzt wird bzw. eine Änderungskündigung bekommt, ist für uns undurchsichtig.

Teile des Lohns werden einbehalten

Es kommt noch dicker! Jeweils am 15. eines Monats sind die Löhne fällig. Gerade von den Kolleginnen und Kollegen, die seit Monaten mit Kurzarbeiterleistungen auskommen müssen, sehnlichst erwartet. Doch dann blankes Entsetzen: Bei vielen Beschäftigten hat der Arbeitgeber offensichtlich entschieden, Teile des Lohns einzubehalten. So wurde bei einigen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nicht bezahlt. Bei anderen fehlt einfach Geld, ohne irgendwelche Erklärung. Kollegen, die im Lohnbüro nachfragen, bekommen zunächst keine Antwort. Beschäftigte berichten, dass der neue Betriebsleiter Issinger nun verlangt, dass die Leute beweisen, dass sie wirklich krank waren bzw. sind. Eine Rechtsgrundlage, die Gelder einfach einzubehalten, gibt es nicht.

Kolleginnen und Kollegen halten zusammen

Und obwohl dieser Arbeitgeber sich hier aus unserer Sicht inzwischen jenseits jeglicher Seriosität bewegt, halten die Beschäftigten zusammen. Viele haben sich in WhatsApp-Gruppen vernetzt, beraten sich und tauschen Informationen aus. Unterstützt werden sie vom gewerkschaftlichen Rechtsschutz und mehreren Rechtsanwälten.

Ein Fall für die Staatsanwaltschaft?

Und die Beschäftigten haben die Schnauze voll: Inzwischen beraten sie ganz offen darüber, die Staatsanwaltschaft einzuschalten. Zu klären wäre dann, ob hier gegebenenfalls ein strafrechtlich relevantes Verhalten anzunehmen ist.

Mit Spannung erwarten wir die nächsten Arbeitsgerichtstermine. Wir berichten weiter…

Andreas Rech