Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen…
6. Oktober 2015
Andreas Rech (271 articles)
Share

Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen…

Sicherheitsbeschäftigte in Asylbewerbereinrichtungen sind am Limit!

Die Kolleginnen und Kollegen, die zur Zeit in den verschiedenen Einrichtungen für Flüchtlinge im Einsatz sind, sind am Limit! Einsatzzeiten von 250 Stunden pro Monat und darüber hinaus, sind  offensichtlich inzwischen längst kein Einzelfall mehr. Längst ist nicht mehr kontrollierbar, welche Unternehmen in diesem Bereich unterwegs sind. Längst sind Tarifverträge und Arbeitszeitgesetz offensichtlich außer Kraft. Händeringend werden neue Mitarbeiter für den Einsatz in Flüchtlingsheimen gesucht. Täglich erscheinen haufenweise Inserate, mit Lockangeboten wie einer angeblichen übertariflichen Bezahlung oder besonders guten Arbeitsbedingungen. Doch überprüft man das genauer, stellt man fest, dass ein brutales Preis,- und damit auch Lohndumping betrieben wird.

Wir steuern wieder genau dahin, wo die Sicherheitsbranche schon einmal war und weswegen wir heute noch zum Teil unter dem schlechten Ruf der Branche leiden. Es werden Leute von der Straße weggeholt, nach dem Prinzip.”Zieh dir mal die Jacke an und stell dich da hin!” Inzwischen wird nicht mehr gefragt, ob jemand die Sachkundeprüfung oder zumindest die Unterweisung gemäß §34a der Gewerbeordnung vorweisen kann. Die wird angeblich nachgeholt. Inzwischen ist überhaupt nicht mehr feststellbar, wieviele Beschäftigte hier im Einsatz sind.

Das Schlimme ist: Jeder weiß es!

Uns erreichen Berichte, dass Dienstpläne manipuliert werden, um Unterbesetzungen und/oder tatsächliche Einsatzzeiten zu vertuschen. In einer Unterkunft sind 400 Menschen untergebracht, es sind ganze 4 (!) Sicherheitsbeschäftigte dort im Einsatz, keiner von ihnen länger als 4 Wochen in der Branche. Als Gewerkschaftssekretär wurde mir in einem Fall sogar der Zugang zu den Beschäftigten verwehrt, außerdem mit der Polizei gedroht. Ich durfte keine Fragen zu den Arbeitsbedingungen der Kolleginnen und Kollegen vor Ort stellen.

Das ist unverantwortlich! Es ist nur eine Frage der Zeit, bis etwas passiert. Der Buhmann wird vermutlich schnell ausgemacht.

Das Schlimme ist: Jeder weiß es!

Die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten, die etwas über ihre Arbeit dort schreiben, berichten dass das Verhältnis zwischen Heimbewohnern und Sicherheitskräften gut sei. Dafür muss man den Kolleginnen und Kollegen auch mal Respekt zollen! Aber vielen ist auch bewusst, dass das ganz schnell umschlagen kann.

Und es sind auch die Bilder präsent, die in den Medien kursieren: Von Auseinandersetzungen, von Angriffen auf Kolleginnen und Kollegen. Es wird viel diskutiert. Nicht nur über Für und Wider Flüchtlingspolitik. Es wird um Hilfe gesucht: Ist Schutzkleidung zu empfehlen? Welche Ausrüstung habt ihr? Gibt es bei euch eine Gefährdungsbeurteilung? Unsicherheit macht sich breit.

Schlimmer noch die Schilderung eines Kollegen, der berichtete, dass nach dem Abendessen einige Teller vermisst wurden und der Sicherheitsdienst daraufhin von der Heimleitung aufgefordert wurde, Zimmerdurchsuchungen durchzuführen! Zum Glück handelte es sich hier um erfahrene Kollegen, die über ihre Befugnisse Bescheid wussten und diese Art Einsatz verweigerten. Doch schnell machte sich die nächste Unsicherheit breit: “Haben wir jetzt arbeitsrechtliche Konsequenzen zu befürchten?”

NEIN, habt ihr nicht! Und wenn ihr Rechtsschutz braucht, kommt zu uns. Rein in die Gewerkschaft, damit wir endlich gemeinsam gegen diese Zustände angehen können!

Das Schlimme ist: Jeder weiß es!

Bisher machen die Verantwortlichen allerdings keinerlei Anstalten, diese Mißstände abzustellen. Es wird weggesehen! Selbst Arbeitgeber machen im Internet inzwischen ihrem Unmut Luft, indem sie die Verrechnungssätze, die von den Auftraggebern angeboten werden, offenlegen. Jedem Laien ist klar, dass bei einem Verrechnungssatz von deutlich unter 14 Euro/Stunde kein Tariflohn gezahlt werden kann.

Und deshalb brauchen wir jetzt Eure Hilfe:

Wir hören Berichte, dass in NRW Sicherheitsbeschäftigte in Flüchtlingsunterkünften tätig sind, die nicht mit dem Tariflohn, sondern mit 8,50 Euro, bzw. 8,85 Euro/Stunde entlohnt werden. Das brauchen wir schwarz auf weiß.

Wir hören ebenso Berichte, dass Einsatzzeiten deutlich über 12 Stunden pro Tag geleistet werden. Ebenso, dass Kollegen ohne Sachkunde unterwegs sind. Auch hierfür brauchen wir Belege.

Wir können diese Mißstände am besten beenden, wenn es sinnlos wird, zu Leugnen. Dazu brauchen wir die Daten von Euch! Alle Informationen, die Ihr uns zukommen lasst, werden vertraulich behandelt. Ihr könnt Hinweise auf Eure Person auch selber unkenntlich machen. Es muss nur deutlich sein, welches Unternehmen, welcher Stundensatz, bzw. welche Einsatzzeit hier betroffen sind. Eine Möglichkeit für uns, im Falle von Rückfragen mit Euch Kontakt aufzunehmen, wäre hilfreich.

Wenn wir hier tätig werden sollen, müssen wir unsere Vorwürfe durch klare Belege untermauern können! Ihr könnt entweder die Kontaktmöglichkeit auf der Startseite nutzen oder direkt an andreas.rech@verdi.de schreiben.

Helft uns bitte außerdem diesen Aufruf zu verbreiten, teilt diesen Artikel, gebt die Informationen weiter…

Und dann sehen wir mal, ob wir uns gemeinsam nicht Gehör verschaffen können!

 

 

Andreas Rech