Lohnrunde NRW: GÖD verhindert und gutes Ergebnis
29. Oktober 2018
Andreas Rech (271 articles)
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Lohnrunde NRW: GÖD verhindert und gutes Ergebnis

Das war die wohl ungewöhnlichste Tarifrunde, die ich im Wach- und Sicherheitsgewerbe bisher erlebt habe.

An nur einem einzigen Tag, immerhin nach 17 Stunden Verhandlung konnte in NRW ein gutes Tarifergebnis erreicht werden. Das hätte vormittags noch niemand für möglich gehalten. Üblicherweise ist der erste Verhandlungstermin zum gegenseitigen “Abklopfen” da. Man argumentiert und erklärt die Forderung. Die Arbeitgeberseite argumentiert dagegen, so geht es in der Regel erst mal hin und her. Ans Eingemachte geht es meist erst in der zweiten Verhandlungsrunde. Doch diesmal kam alles anders.

Wir hatten bereits in den letzten Wochen hier berichtet, warum diese Lohntarifrunde von besonderer Bedeutung für uns ist. Die fehlende Durchsetzungskraft der Kolleginnen und Kollegen von den Flughäfen und die arbeitgebernahe Organisation GÖD schienen zum Problem für uns zu werden.

Oder auch nicht…

deutliche Bewegung bei Sicherheitsbeschäftigten

Dass der Arbeitgeberverband tatsächlich einen bundesweiten Mantelrahmentarifvertrag mit der GÖD abgeschlossen hat, hat ordentlich Bewegung in die Branche gebracht. Über wasi-nrw.de bin ich mit Zuschriften zugeschüttet worden, die alle nur ein Thema hatten: “Wie können wir in NRW verhindern, dass der BDSW auch uns in NRW an die GÖD verkauft?”

Ich habe in den letzten Wochen viele Kolleginnen und Kollegen an ihren Objekten aufgesucht. Ich habe Betriebsversammlungen besucht und mich mit vielen Sicherheitsbeschäftigten unterhalten. Und die Stimmung war eindeutig. Viele Kolleginnen und Kollegen traten der Gewerkschaft bei um uns zu unterstützen. Dabei erklärten sich eine ganze Reihe komplette Objekte sogar bereit, notfalls auch zu streiken. Das, was wir in den letzten Tarifrunden so vermisst haben, nämlich, dass Sicherheitsbeschäftigte sich engagieren, organisieren und bereit sind für die Tarifforderung einzustehen, war diesmal deutlich spürbar.

Mit diesem Rückenwind aus den Belegschaften konnte die frischgebackene Tarifkommission trotz der schlechten Vorzeichen mit einem breiten Kreuz in die Verhandlungen gehen.

noch immer tausende Stellen unbesetzt

Doch auch andere Rahmenbedingungen setzen den Arbeitgebern inzwischen ordentlich zu. Es ist nicht gelungen, die tausenden offenen Stellen zu besetzen. Im Gegenteil, immer mehr Sicherheitsbeschäftigte wandern aus der Branche ab. Inzwischen ist die Branche so unattraktiv, dass Aufträge nicht angenommen werden können, weil die Leute fehlen.

All das spricht für unsere Forderung, die Löhne zu erhöhen. Und die Tarifkommission hat verwandelt: Betrachtet man die nackten Zahlen, ist das tatsächlich das beste Tarifergebnis bisher. Jeder einzelne Beschäftigte bekommt zukünftig mindestens 42 Cent/Stunde mehr. Eine zweite Erhöhung kommt zum 1.1.2020 um noch einmal mindestens 42 Cent, so dass dann niemand mehr für weniger als 11 Euro/Stunde arbeiten geht. Erstmalig gibt es keine Leermonate. Zudem winkt für viele Beschäftigte die Möglichkeit, in der Lohngruppe höher zu rutschen.

GÖD spielt keine Rolle

Die GÖD zu verhindern, war ein wichtiger Punkt, für den sich viele Beschäftigte auch bereit erklärt haben, zu kämpfen. Tatsächlich hat die GÖD dann keine Rolle gespielt. Anders als in Niedersachsen, wo der BDSW bereits einen Tag später einen Lohntarifvertrag wieder mit der GÖD unterschrieben hat. Und deshalb dürfen wir all den Kolleginnen und Kollegen, die sich uns in den letzten Wochen angeschlossen haben, die Mitglied in der Gewerkschaft geworden sind und die uns den Rückenwind verschafft haben, auch mal auf die Schulter klopfen.

Gutes Ergebnis, aber noch kein Durchbruch

Das ist jetzt aber noch lange kein Grund, sich wieder zurück zu lehnen. Ganz im Gegenteil: Grade jetzt ist doch deutlich geworden, dass wir stärker werden, wenn wir mehr werden. Dass das Tarifergebnis das bisher beste ist, bedeutet noch lange nicht, dass jetzt alles gut ist. Zu sehr hinken die Löhne noch hinterher. Aber dies war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Und nach der Tarifrunde ist vor der Tarifrunde…

Andreas Rech